Einsatz mit der Mobilen Klinik am Fluss

Noch können wir keine Touren mit der Mobilen Klinik auf dem Landweg unternehmen, denn in einigen Regionen unserer Diözese haben weiterhin die Seleka-Rebellen das Sagen. Und sie sind aggressiver geworden. An Straßensperren, an denen sie uns vorher ohne weiteres durchließen, verlangen sie für die Weiterfahrt eines Fahrzeugs heute astronomische Summen. Der Wagen einer Nichtregierungsorganisation hat neulich 70.000 FCFA bezahlt, das sind in etwa 106 Euro. Das Risiko können wir nicht eingehen, denn wer weiß? – Vielleicht würden sie gleich das ganze Auto beschlagnahmen, wie sie es zuvor schon so oft mit Fahrzeugen der Kirche getan haben.

Aber zwei der Dörfer, die wir für unsere mobile Klinik ausgewählt haben, liegen am Fluss: Koungrembozo am Ubangui und Nganda an der Kotto. (Der Fluss hat unserer Präfektur übrigens ihren Namen gegeben: Basse-Kotto, d.h. Niederkotto. Wie der Niederrhein.)

Wir sind mit unserem Team am Donnerstag, dem 13. April um 9.00 Uhr aufgebrochen. Mittags hatten wir unser erstes Ziel erreicht: Libanga, die äußerste Kapellengemeinde unserer Pfarrei von Mobaye flussaufwärts. Schwere Regenwolken waren uns gefolgt, und so waren wir auch erst eine knappe halbe Stunde vor Ort, da prasselte ein tropischer Platzregen vom Himmel. Abends haben wir dann den Gottesdienst zu Christi Himmelfahrt in der kleinen Dorfkapelle gefeiert.

Am nächsten Morgen ging es weiter. Diesmal waren wir sechs Stunden bei sengender Sonne auf dem Fluss unterwegs. Nachmittags erreichten wir unser zweites Ziel: Koungrembonzo. Der Dorfchef hat sein Haus geräumt, wir haben uns eingerichtet und am nächsten Morgen ging die Arbeit der Mobilen Klinik los: Innerhalb von zwei Tagen haben wir 167 Patienten behandelt.

Während der Sprechstunde begegnet uns die gesamte Palette tropischer Krankheiten: An erster Stelle steht, wie immer, die Malaria, gefolgt von Infektionen des Verdauungstraktes mit Bauchschmerzen, Durchfall, Blut im Stuhl. Leider können wir nur aufgrund des klinischen Bildes behandeln, eine Stuhluntersuchung wäre natürlich enorm hilfreich. Aber so vermuten wir in den allermeisten Fällen Würmer, Amöben, krankmachende Bakterien und Billharziose als Ursache der Beschwerden und geben entsprechende Medikamente. Andere große und kleine Patienten kommen mit Entzündungen der Atemwege, der Haut oder der Augen. Aber auch Bluthochdruck und Magenschleimhautentzündungen begegnen uns bei den Untersuchungen.

Meist können wir medikamentös eingreifen und einigermaßen gut behandeln, manchmal aber auch nur Symptome lindern (z.B. bei Rückenbeschwerden) oder auch gar nichts tun (z.B. bei Blindheit).

Am Montagmorgen ging es dann weiter: wir sind den Ubangi weiter stromaufwärts gefahren und auf Höhe von Limassa in die Kotto eingefahren. Gegen Mittag hatten wir unser Ziel erreicht: Nganda. Ein sehr großes Dorf ohne Gesundheitsversorgung, der nächste Posten in ca. 15 Kilometer Entfernung. Für europäische Verhältnisse kein Problem, wenn der Arzt in 15 Kilometer Entfernung seine Praxis hat. Im afrikanischen Busch dagegen eine Wirklichkeit, die Leben kostet. Ohne Straßen, ohne Auto oder Motorrad ist der Transport eines Kranken sehr schwierig. Und das nächste Krankenhaus, in dem ein Notfall-Kaiserschnitt vorgenommen oder eine Bluttransfusion gegeben werden kann, befindet sich in 55 Kilometer Entfernung. Ohne Auto oder Motorrad…

Auch in Nganda haben wir zwei Tage lang gearbeitet. Manchmal begegnen uns in der Sprechstunde auch kuriose Fälle, die für die Betroffenen großes Leid bedeuten.

Ein kleiner Junge hatte sich beim Verzehr von Erdnüssen eine kleine Nuss und die Nase gesteckt und irgendwie weit in die Nasenhöhle vorgeschoben. Von dort ließ sie sich nicht mehr entfernen. Eiter bildete sich, grub sich eine Fistel bis unter das Augenlid und schwemmte nach einigen Wochen die Nuss wieder aus. Der Eiterherd und die Fistel bestehen auch heute noch, Monate nach dem Unfall. Unaufhörlich fließt der Eiter, man riecht es auf Entfernung. Hin und wieder kaufen die Eltern ein Antibiotikum. Dann stoppt das Ganze etwas, um nach einigen Tagen aber wieder neu zu beginnen. Die einzige erfolgversprechende Behandlung ist jetzt die chirurgische Ausräumung, aber dafür braucht es Bangui. Und dafür braucht es Sicherheit auf den Straßen. Aber die existiert nicht, und deshalb können wir mit dem Wagen bis auf unabsehbare Zeit auch nicht in die Hauptstadt fahren, um den Jungen zu evakuieren. Die Rebellion fordert überall ihre Opfer, auch wenn ein kleiner Junge in einem abgelegenen Ort sich eine Erdnuss in die Nasenhöhle steckt…

Am achten Tag ging es zurück, flussabwärts, und gegen 15 Uhr erreichten wir wohlbehalten unser Mobaye.

Freitag geht es wieder auf Tour mit der Mobilen Klinik, diesmal allerdings „nur“ über ein verlängertes Wochenende.


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