Heute Abend heißt es den kleinen Koffer packen für den Rückflug nach Mobaye; morgen geht es auf die Reise, entweder mit einer kleinen Chesna oder einem Hubschrauber der Vereinten Nationen.
In Mobaye werde ich sicher wieder keine Gelegenheit haben, einen Eintrag auf diesen Blog zu stellen; deshalb von Bangui aus Euch allen eine gesegnete Adventszeit!
„Jerusalem, erhebe Dich, steig auf den Berg und schau die Freude, die von Deinem Gott zu Dir kommt.“
Bar 5,5;4,36 (Kommunionvers vom heutigen 2. Adventssonntag)
PS: Damit das Bild auch schön vorweihnachtlich wird (einen Adventskranz haben wir leider nicht gefunden in der Stadt), sind wir, Annette Funke und ich, in einen Supermarkt mit Weihnachtsbaum gegangen…
Vor ein paar Monaten hatte Michel einen schweren Unfall erlitten. Als er einen Baum fällen wollte, stürzte ein schwerer Ast auf seinen rechten Unterarm. Elle und Speiche wurden zertrümmert und einige Zentimeter unterhalb des Armgelenks abgetrennt.
Irgendwie hatte er den Unfall überlebt und wurde ins Krankenhaus nach Mobaye gebracht. Hier konnte der Arzt zwar die Blutung stillen und die große Wunde verbinden, aber nun ragte der Knochen hervor, und die Wunde sollte sich bald infizieren. Nur eine Amputation würde ihn auf Dauer retten können. Aber die ist weder in Mobaye noch in Alindao noch im Regionalkrankenhaus von Gbadolite im benachbarten Kongo möglich. Für eine solche Operation muss der Patient nach Bangui evakuiert werden.
Michel und seine Schwester sind schließlich mit einem hölzernen Frachtboot über den Ubangui nach Bangui gefahren. Über zwei Wochen waren sie unterwegs gewesen. In der Unfallabteilung des «Hôpital communautaire» ging dann alles ganz schnell. Die Ärzte haben auf Höhe des Oberarms eine Amputation durchgeführt. Nun stehen noch zwei Verbandswechsel an, bevor Michel die Rückreise nach Mobaye antreten kann.
Ohne diesen Eingriff hätte er die nächsten Wochen sicher nicht mehr überlebt.
Alles in allem haben die Operation, der Krankenhausaufenthalt, die Medikamente und die Reise mit dem Boot umgerechnet etwa 500 Euro gekostet. Die haben wir aus Euren Spendengeldern bestritten, die über die Missionsprokur Knechtsteden bei uns angekommen sind. Dafür ein herzliches Dankeschön!
Die Familie selbst übernimmt die Kosten für Verpflegung und Unterkunft vor und nach dem Aufenthalt im Krankenhaus.
Weil bei Michel alles so glimpflich ausgegangen ist, sei ein skurriler Moment nicht verschwiegen: Während der Operation hatte Michels Schwester draußen vor dem OP-Saal gewartet. Nach einiger Zeit ging die Tür auf und der Arzt kam mit einem Tablett in der Hand hinaus. «Möchten Sie’s mitnehmen?», fragte er die Schwester, und zeigte dabei auf den abgetrennten Arm auf dem Teller. «Nö, wir sind nicht aus Bangui, würden Sie es bitte selbst hier vor Ort entsorgen?»
Nachher hat man mir erklärt, dass das hier so bei Amputationen üblich sei: Man bietet der Familie an, das abgetrennte Körperteil mit nach Hause zu nehmen und dort zu vergraben. Damit es im Nachhinein keine Gerüchte um Organhandel oder Zauberei gibt…
Der Name in der Überschrift täuscht: es geht nicht um einen Russen, sondern um einen jungen Zentralafrikaner.
Dimitri ist einer der vielen Menschen, die in unserer Gemeinde aktiv sind, und dabei hat er sogar einen kleinen Arbeitsplatz gefunden: in unserer Mobilen Klinik ist er der «Logistiker», kümmert sich also um die Versorgung unseres Teams bei den Einsätzen in den Dörfern. Vor allem ist er aber auch ein sehr guter Motorradfahrer und -mechaniker, und das auch noch mit Führerschein. Den besitzt, nebenbei gesagt, in den abgelegenen Landesteilen kaum jemand, denn einen Führerschein kann man nur in der Hauptstadt Bangui machen.
Dimitri ist in Yama-Oto zu Hause, ein Dorf in sieben Kilometer Entfernung von Mobaye. Fast jeder ist dort katholisch. Es gibt einen engagierten Katechisten, Messdiener, den Kirchenchor, Pfadfinder, den katholischen Mütterverein, und den Gemeinderat. Kurzum: Yama-Oto ist ziemlich aktiv.
Dimitri ist dreißig Jahre alt und hat vier Kinder. Und zwei Frauen. Das ist gar nicht so ungewöhnlich. Eine ganze Reihe von Männern in der Zentralafrikanischen Republik lebt polygam, hat zwei oder manchmal auch drei Frauen. Dimitris erste Frau stammt aus einem Nachbardorf, die beiden sind seit 10 Jahren zusammen. Als die Familie in 2017, während des Krieges, in den Kongo floh, hat er sich dort eine zweite Frau genommen.
(Links: Dimitri mit seinen beiden Frauen und den drei frisch getauften Kindern. Vorn sein ältester Sohn)
Neulich haben wir in Yama-Oto ein großes Fest gefeiert: Silvain, der Katechist, und seine Frau haben kirchlich geheiratet. Und gleichzeitig – wo ein Priester schon einmal vor Ort und das ganze Dorf auf den Beinen ist – durfte ich knapp zwei Dutzend Kinder taufen. Dimitri hat dazu gleich drei mitgebracht…
In Paris, im Stadtteil Neuilly-sur-Seine, steht in einer Kapelle von Schwestern eine große Statue, die Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm darstellt. «La Vierge Noire», die «Schwarze Jungfrau» wird sie im Volksmund genannt. Seit vielen Generationen schon, denn sie ist schon über sechshundert Jahre alt.
Für uns Spiritaner hat diese Figur eine ganz besondere Bedeutung: Vor ihr hatte am Pfingstfest 1703 unser Gründer, Claude-François Poullart des Places zusammen mit einer Handvoll Gefährten eine Gemeinschaft gegründet, die sich der Obhut des Heiligen Geistes anvertraute. Daraus ist die «Kongregation vom Heiligen Geist» entstanden, aber das konnte Poullart des Places zu dem Zeitpunkt noch gar nicht wissen.
Der offizielle Name dieser Figur lautet «Notre Dame de Bonne Délivrance». Was auf französisch leicht über die Lippen geht, hört sich auf Deutsch sehr hölzern an: «Unsere Liebe Frau von der guten Befreiung». Oder aber auch «Unsere Liebe Frau von der guten Nachgeburt». Das Wort «délivrance» hat im Französischen nämlich diese beiden Bedeutungen, einmal eine allgemeine – Befreiung – , und dann eine medizinische – Nachgeburt -.
Die Doppeldeutigkeit ihres Namens hat dann auch Auswirkungen auf ihre Strahlkraft gehabt. Nicht nur Poullart des Places hat vor der «Schwarzen Jungfrau» gekniet, sondern auch eine ganze Menge anderer Leute. Da waren zum Beispiel die über tausend Mitglieder einer gleichnamigen Bruderschaft, deren Berufung es war, Menschen, die überschuldet waren und deshalb eingekerkert wurden – so war das damals – wieder freizukaufen. «Unsere Liebe Frau von der guten Befreiung» eben.
Und da waren viele, viele schwangere Frauen, die um eine gute Geburt ihrer Kinder gebetet haben. Mutter- und Kindersterblichkeit waren zu jener Zeit grausam hoch. «Unsere Liebe Frau von der Guten Nachgeburt» eben.
Und warum diese Geschichte aus dem Paris vergangener Jahrhunderte? – Weil wir vor wenigen Monaten unser neues «Mutter-Kind-Krankenhaus» in Zangba eröffnet und es diesen Namen gegeben haben:
Bischof Cyr-Nestor hatte zunächst einen Gottesdienst in der Kirche von Zangba gefeiert, anschließend ging es in einer kleiner Prozession zum neuen Gebäude. Dort wurde es offiziell seiner Bestimmung übergeben und eine kleine Nachbildung der «Vierge Noire» enthüllt, die eine Reise von Paris nach Zangba gemacht hatte. Nun wacht die Mutter Gottes also auch im Busch der Zentralafrikanischen Republik über Mütter und Kinder.
Geholfen hat uns beim Bau der Mutter-Kind-Abteilung vor allem das internationale katholische Hilfswerk «Kirche in Not» (in Königstein bei Frankfurt), aber auch viele private Spenderinnen und Spender über die Missionsprokur in Knechtsteden. Ein großes Dankeschön dafür!
Wieder sind mehrere Monate ohne Eintrag vergangen, wieder liegt’s daran, dass wir in Mobaye keinen Internetzugang haben, der das Hochladen von Bildern und Texten auf diesen Blog erlauben würde. Deshalb nutze ich jetzt einen zweiwöchigen Besuch in der Hauptstadt, um Erlebnisse und Eindrücke über diese Seite mit Euch zu teilen.
«Ist es wieder etwas ruhiger bei Euch?», werde ich manchmal gefragt, und dann weiß ich nicht so recht, was ich darauf antworten soll. Ja, seit mehreren Wochen haben wir in Mobaye keine Gewehrschüsse mehr gehört, und das kleine Kontingent an zentralafrikanischen Soldaten, Gendarmen und Polizisten ist auch aufgestockt worden. Auf einem Hügel oberhalb der Stadt haben sich die Minusca-Soldaten ein imposantes Lager eingerichtet. Zur Zeit ist eine Einheit aus Nepal vor Ort, aber die sieht man kaum in der Stadt, und wenn ich ihnen mit ihren gepanzerten Fahrzeugen in Dörfern begegne, dann sind sie auf der Suche nach Ziegen für den Braten am nächsten Tag.
In anderen Teilen unserer Präfektur, der Basse-Kotto, ist es nicht so ruhig. Die Trockenzeit beginnt, da werden Rebellen aktiv, vor allem als Straßenräuber und Wegelagerer. Neulich sind wir mit unserer mobilen Klinik in ein Dorf namens Mandjo zwischen Dhimbi und Kongbo gefahren. In fünf Kilometer Entfernung waren am Vormittag Seleka-Rebellen aufgetaucht, haben eine Gruppe von Motorradfahrern angehalten, ausgeraubt und zwei Männer erschossen. Grund war, so heißt es, dass die Rebellen Fotos auf den Handys der beiden Kaufleute gefunden hätten, die zentralafrikanische Soldaten in Siegerpose und erschossene Seleka-Kämpfern zeigten.
Knapp zwei Jahre ist es her, dass unser amtierende Präsident für eine zweite Amtszeit wiedergewählt worden war. Nach diesem nicht unumstrittenen Wahlsieg hatte sich seine politische Taktik gegenüber den Rebellengruppen verändert: keine Verhandlungen mehr, bis dass das gesamte Territorium von staatlichen Ordnungstruppen kontrolliert wird. Diese Haltung hatte er einnehmen können, weil ihm eine große Anzahl von Söldnern der russischen «Wagner»-Gruppe zur Verfügung stand. Auch heute noch gehören die Milizionäre in Bangui gelegentlich zum Straßenbild. Doch ihre Anzahl ist deutlich geschrumpft, von militärischen Aktionen zur Befreiung von Städten oder Gebieten hört man schon seit geraumer Zeit nichts mehr. Das scheint die verschiedenen Rebellengruppen im Hinterland neu zu ermutigen.
In zwei Jahren stehen wieder Präsidentschaftswahlen an. Die zentralafrikanische Verfassung sieht keine dritte Amtszeit für einen Staatschef vor. Doch unser Präsident ist noch nicht amtsmüde und hat mithilfe eines geplanten Referendums eine Verfassungsänderung herbeiführen wollen, die ihm weitere Amtszeiten ermöglichen sollte. Jedoch hatte sich hier das Verfassungsgericht eingeschaltet und sein Vorhaben für gesetzeswidrig erklärt. Mit Worten hat der Präsident nie auf dieses Urteil reagiert, wohl aber mit Taten. Er hat die mutige (!) Vorsitzende des Verfassungsgerichtes vorzeitig in Rente geschickt. Somit ist das Urteil wohl nichtig und der Weg wieder frei für einen Volksentscheid. Wir warten mal ab, ob der kommt.
Ein Spiel mit dem Feuer ist das alles. Ein mehr oder weniger einsamer Oppositioneller hat auch schon zum gewaltsamen Umsturz aufgerufen…
Und mit all dieser Ungewissheit sind wir in unser neues Pastoraljahr gestartet.
Beginn einer Sonntagsmesse in Zupende, einer unserer über dreißig Kapellengemeinden
An einem Sonntagmorgen im Februar, ein paar Tage nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, habe ich Gottesdienst in einer kleinen Kapellengemeinde namens Zate gefeiert, eine Sunde Fußmarsch von unserer Kirche in Mobaye entfernt. Fernsehen gibt es dort nicht, einige Leute haben ein Radio, mit dem sie einen Sender aus Bangui und den Lokalsender aus Mobaye empfangen können. Von einem Krieg in Europa oder von einem Land, das die Ukraine heißt, hatte noch niemand etwas gehört.
Aber wer kennt auch schon in Deutschland – trotz Fernsehen und Internet – alle Länder Afrikas ?
Bei uns im Haus haben wir Satellitenfernsehen und können verschiedene, vor allem französischsprachige Sender empfangen. Die Bilder aus den zerstörten Städten der Ukraine und den Flüchtlingen flimmern auch bei uns über den Bildschirm.
Aber ansonsten gilt: zwischen der Ukraine und der Zentralafrikanischen Republik liegt eben mehr als «nur» die Distanz von ein paar Tausend Kilometern
Russland ist gefühlt dagegen viel näher. Schon mehrmals hatte ich auf diesem Blog vom Engagement des Kreml durch private Söldnertruppen wie die «Wagner-Gruppe» berichtet. Ohne die massive militärische Unterstützung aus Russland wäre Präsident Touadera heute ganz sicher nicht mehr an der Macht, womöglich befände sich das Land jetzt in einem noch viel größeren und gewalttätigem Chaos. (Allerdings berichten engagierte Medien aber auch immer wieder von Menschenrechtsverletzungen durch die russischen Söldner.)
Wie nun reagieren im Herzen Afrikas auf den Krieg in der Ukraine? – Am besten gar nicht. Denn die Logik ist einfach: Wer «am Tropf Moskaus» hängt, kann es sich nicht erlauben, den Retter in Frage zu stellen.
Deshalb hat sich die Zentralafrikanische Republik bei der Versammlung der Vereinten Nationen am 2. März (das war ausgerechnet der Aschermittwoch) zur Frage der Verurteilung des russischen Einmarschs in der Ukraine schlichtweg enthalten. Und in Bangui hat es auch schon eine kleine pro-russische Demo gegeben, mit wehenden weiß-blau-roten Fähnchen. Wobei das wahre Problem aber nicht Kiew, sondern Paris ist. Auch hier ist die Logik wieder bestechend einfach: «Frankreich beutet uns aus und lässt uns im Stich, Russland rettet uns, Frankreich steht auf der Seite der Ukraine gegen Russland, also sind wir für Russland weil gegen Frankreich.»
Und doch schon heute ist absehbar, dass der Krieg verheerende Auswirkungen auch auf Afrika haben wird, auf seinen Handel und seine Wirtschaft. Gewinner wird es keine geben, nur Verlierer.
Ende Januar, Anfang Februar ist «Reisezeit». Jedes Jahr in den Tagen vor dem 2. Februar treffen wir uns zur Spiritanerversammlung der zentralafrikanischen Provinz in Bangui. Der 2. Februar ist nämlich der Todestag des zweiten Gründers unseres Missionsordens, P Libermann.
Dieses Mal ging es bei dem Treffen vor allem um Themen und Beschlüsse unseres Generalkapitels, das im vergangenen Jahr in Bagamoyo/Tansania stattfand. P. Blaise, unser Provinzial, hatte im Namen unserer Provinz daran teilgenommen und berichtete von der Generalversammlung, die alle acht Jahre einberufen wird und das höchste Beschlussgremium unserer Kongregation ist. (Eigentlich hätte das Treffen schon im vergangenen Jahr in Polen stattfinden sollen, aber Corona hat dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung gemacht – und auch den Ort verschoben: Um die Versammlung nicht noch um ein weiteres Jahr aufzuschieben, wurde sie wieder nach Bagamoyo verlegt, wo die Delegierten auch schon 2012 getagt hatten. In Tansania war es mit den Einreisebestimmungen für die Teilnehmer aus so vielen Ländern einfacher.)
P. Mayama auf Besuch in Bangui in 2017
Gewählt wird dabei auch, und zwar ein neuer «Generaloberer» (so heißt das bei uns) und sein Rat. Zum ersten mal steht jetzt ein afrikanischer Spiritaner an der Spitze unseres Ordens: Pater Alain Mayama aus dem Kongo (Brazzaville) ist unser neue Generalobere.
In den ersten zwei Jahrhunderten nach der Gründung der «Messieurs du Saint Esprit» – der «Herren vom Heiligen Geist» – so hieß das ganz am Anfang – waren es immer Franzosen, die den Orden leiteten. Im zwanzigsten Jahrhundert wurden auch mal ein Ire oder ein Niederländer gewählt, aber zumeist blieben Franzosen an der Spitze.
Der Bekannteste unter ihnen dürfte Bischof Lefebvre gewesen sein – ja, genau der, der mit den abgespaltenen Traditionalisten. (Lefebvre war tatsächlich Spiritaner gewesen und hatte als Generaloberer unseres Ordens am 2. Vatikanischen Konzil teilgenommen. Dort hatte er sich mit aller Kraft gegen den neuen «Geist des Konzils» gestemmt, gegen eine Öffnung zur modernen Welt, gegen Ökumene und Dialog der Religionen, gegen eine Liturgie in den jeweiligen Landessprachen und so weiter. Kurze Zeit danach jedoch setzten ihn seine Mitbrüder als Generaloberen wieder ab. Lefebvre ging in die Schweiz, eröffnete sein Priesterseminar, weihte seine eigenen Bischöfe und spaltete sich somit von Rom und der Einheit der Kirche ab. Aber das ist eine andere Geschichte.)
Wie auch immer. Nun haben wir 180 Jahre nach der Gründung des «Œuvre des Noirs» (des «Werks der Schwarzen», wie P. Libermann sein Projekt der Missionierung Afrikas zu Kolonialzeiten nannte) – endlich – einen afrikanischen Generaloberen.
Am 5. September 2015 in Paris
Unter den neu gewählten Generalräten ist auch Marc Botzung, der Obere der französischen Spiritanerprovinz. Vielleicht erinnern sich einige, die diesen Blog lesen, an ihn. Als ich im September 2015 in der Kapelle unseres Mutterhauses in Paris meine Ewigen Gelübde abgelegt habe, da hat er den Gottesdienst geleitet.
Bei unserer Versammlung in Bangui ging es also um Personalien, aber auch um kleinere Änderungen unserer Lebensregel (die allerdings nur Formales betreffen) und um klassische und neue Schwerpunkte unserer Missionsarbeit.
Am Freitag, den 10. Dezember 2021 erreichte uns die Nachricht, dass der niederländische Spiritanermissionar Piet Meeuws im Alter von 83 Jahren im Krankenhaus von Boxmeer verstorben war. Insgesamt hatte Pater Piet 35 Jahre lang in der Zentralafrikanischen Republik gelebt und gewirkt, in Bangassou, Zemio und vor allem in Mobaye. Im Jahr 2010 war er definitiv in seine Heimat zurückgekehrt.
Viele aus unserer Gemeinde erinnern sich noch lebhaft an ihren „Piet“, das heißt, an den einen unter den vielen, denn irgendwie hießen eine ganze Reihe von holländischen Patres „Piet“. haben wir eine Woche nach seinem Tod einen Gebets- und Gedenktag in unserer Pfarrei organisiert. Schlicht, einfach, wie er selber immer war, und doch sehr beeindruckend.
Um 7 Uhr morgens haben wir begonnen und das Allerheiligste ausgesetzt. So konnte ein Jeder zunächst in Stille beten. Neben dem Altar hatten wir ein Foto des Verstorbenen aufgestellt. Als die Kirche sich dann etwas gefüllt hatte, haben wir dazu eingeladen, persönliche Erinnerungen an das, was Pater Piet getan und gewirkt hat, mit der Gemeinde zu teilen. Viele Menschen sind nach vorn gekommen, haben sich vor das Bild gestellt, zu ihm gesprochen und sich bedankt für all das, was sie mit ihm erlebt hatten. Schweres und Trauriges war dabei, vor allem aber Dankbarkeit für die vielen Augenblicke, in denen er da war, geholfen und Mut gemacht hat. Und manchmal waren auch Anekdoten zum Lachen dabei.
Gegen Mittag haben wir Eucharistie gefeiert. Es war, als riefe er noch einmal selber „seine“ Christen zum Gottesdienst, wie all die Jahre zuvor.
Und weil Pater Piet auch gern Kaffee trank, gab’s zum Abschluss unter unserer Veranda ein Kaffetrinken.
Ich selber habe Piet auch noch kennengelernt, damals, als ich als „Missionar auf Zeit“ in Alindao war und von Zeit zu Zeit nach Mobaye kam. Später war er dann zu meiner Priesterweihe nach Knechtsteden gekommen, und im vergangenen Jahr habe ich ihn während meines Heimaturlaubs im Missionshaus der niederländischen Spiritaner in Gennep noch einmal besuchen können.
Mit dem Tod von Pater Piet, auch wenn er schon wieder über zehn Jahre in Holland lebte, ist erneut ein Symbol einer „klassischen“ Ära erloschen, die Ära der europäischen Missionarinnen und Missionare in Afrika. Sicher, „wir“ sind noch einige, aber nur noch ganz wenige. (Am Rande bemerkt: Ich bin der einzige deutsche Missionar in der ganzen Zentralafrikanischen Republik, auch deutsche Ordensschwestern oder Laienmissionare gibt es nicht mehr). Neue Zeiten stellen jetzt neue Herausforderungen an die Nachfolger und an die Weltkirche im Ganzen.
Und dabei geht es für mich vor allem um das Eine, überall in der Welt: Um Demut, Authentizität und Wahrhaftigkeit. Aber das ist ein anderes Thema.
Aus Deutschland erreichen mich Bilder von verschneiten Häusern und leuchtenden Tannenbäumen.
Hier ist es dagegen tagsüber heiß und staubig, nachts kann es aber auch etwas frisch werden.
Weihnachten ist auch bei uns ein großes Fest, wenn auch ganz anders.
Die kirchliche Feier der Heiligen Nacht kennt den gleichen Ablauf wie in Deutschland, die Atmosphäre ist jedoch eine ganz andere: es ist nicht „still“ und „heimelich“; es ist „laut“ und „fröhlich“. Bis zum Gloria-Lied blieb die Kirche allerdings in Dunkel getaucht, nur einige Kerzen erhellten den Raum. Wie im Stall von Bethlehem eben. Zum Lied der „Engel auf den Feldern“ auf Sango habe ich mit unseren Messdienern eine kleine Choreographie einstudiert (das geht hier in 10 Minuten). Wir sind tanzend durch die Kirche zum Stall gezogen, wo dann die Figur des Jesuskindes in die Krippe gelegt wurde – und die blinkenden Lichter funkelten. Da bleibt niemand ruhig auf seinem Platz sitzen, da „bebt“ die Kirche: „Ayingo-va na yayu ka, ala he bia ti gonda lo…“
Auch das hat 10 Minuten gedauert.
Abends, vor dem Einschlafen, habe ich dann aber doch noch in aller Ruhe ein „Stille Nacht, Heilige Nacht“ abgespielt.
„Denn ich, ich kenne die Gedanken, die ich für euch denke – Spruch des HERRN -, Gedanken des Heils und nicht des Unheils; denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben.“
(Jer 29,11)
Euch und Ihnen Allen ein gesegnetes Weihnachtsfest!